Dienstag, 18. August 2015
Garnelen aus Aquakulturen-eine gesunde Kost?
Weltweit sind zirka 50 000 Anlagen mit einer jährlichen Produktionsmenge von mehr als 700 000 Tonnen in Betrieb. Hauptabnehmer sind Europa, die USA und Japan.
Wie bei vielen neuen Wirtschaftszweigen, die zum "schnellen Geld" führen, treten die Folgen für Umwelt und Gesellschaft erst allmählich zu Tage. Längst haben sich jedoch die Lebensbedingungen der Küstenbewohner in Ländern wie Indien, Bangladesh, China, Thailand, den Philippinen und Ecuador drastisch verschlechtert.
Da die Garnelen nur in Salzwasser aufgezogen werden können, sind die Züchter auf küstennahe Standorte ihrer Teiche angewiesen, die sie mit Meeres- und Grundwasser fluten. Mit attraktiven Angeboten bringen die Aquakulturbetreiber die hierzu erforderlichen Flächen, darunter Reisfelder und die für die Uferbefestigung so wichtigen Mangrovenwälder, in ihren Besitz. Den wenigsten Bewohnern der Küstendörfer ist bei diesen Verkäufen bewußt, daß sie damit zum einen eine wichtige Grundlage ihrer Selbstversorgung aufgeben und zum anderen die Lebensgrundlage der gesamten Dorfgemeinschaft gefährden.
Um eine möglichst hohe Produktivität der Garnelenzucht zu erzielen, werden große Mengen an Chemikalien eingesetzt: Pestizide gegen Algenwachstum, Antibiotika zur Verringerung der Krankheitsanfälligkeit und Wachstumshormone. Zudem ist ein regelmäßiger Austausch der Wassermengen erforderlich; täglich müssen 15 bis 20 Prozent des Wassers erneuert werden. Mit dem Abwasser gelangen große Mengen an Chemikalien ins nahe gelegene Meer. Die Folge: Das ökologische Gleichgewicht wird empfindlich gestört. Dies hat einen deutlichen Rückgang des Fischbestandes zur Konsequenz. Hiervon sind insbesondere die traditionell wirtschaftenden Fischer betroffen.
Wertvolles Grundwasser wird mit Chemikalien verseucht
Darüber hinaus beansprucht der hohe Bedarf der Aquakulturen an Frischwasser große Mengen an wertvollem Grundwasser - für die Küstendorfbewohner ein unverzichtbares Trinkwasserreservoir. Zudem werden die Böden und die Grundwasservorkommen im Umkreis der Teiche durch den hohen Chemikalieneinsatz und die organischen Abfälle - hierbei handelt es sich um Ausscheidungen der Garnelen und um nicht verwertete Futterreste - in hohem Maße verschmutzt und bakteriell verseucht. Aufgrund der bakteriellen Verunreinigung des Grundwassers kommt es innerhalb der Dorfbevölkerung zu einem besorgniserregend hohen Auftreten von Darminfektionserkrankungen.
Nach fünf bis zehn Jahren erreicht die Bodenverschmutzung in den Farmen ein so bedenkliches Ausmaß, daß die Aquakultur an dem jeweiligen Standort eingestellt werden muß. Es vergehen Jahrzehnte, bis sich der Boden, wenn überhaupt, wieder regeneriert.
Doch es geht auch anders:
Beispielsweise haben Naturland und Bioland Richtlinien für die "naturgemäße Aufzucht von Fischen" entwickelt. Sie umfassen alle Fischarten und Krebse. Im einzelnen enthalten die Vorschriften detaillierte Anforderung zur geforderten Wasserqualität, Fütterung, zum Gesundheitszustand der Tiere etcetera. So haben die Zuchtfische, die nach den Naturland-Standards aufwachsen, die nötige Bewegungsfreiheit; sie erhalten Futter ohne synthetische Zusatzstoffe und keinerlei vorbeugende Medikamente. Ferner darf ausschließlich Fischmehl und -öl von Tieren verfüttert werden, die aus sauberen Regionen des Atlantiks stammen. Und: Das der Tiernahrung beigemengte Getreide muß aus anerkannt ökologischem Landbau stammen. Fischprodukte mit dem Naturland-Zeichen werden vereinzelt in Naturkostfachgeschäften geführt.(Quelle: http://schrotundkorn.de/lebenumwelt/lesen/sk9804o5.ht)
Der WWF Schweiz hat kürzlich die wichtigsten Garnelenhersteller auf den Prüfstand gestellt. Ergebnis: Kein Programm ist im Hinblick auf ökologische, soziale und produktbezogene Standards optimal, manche Programme lassen sogar sehr zu wünschen übrig. Am besten beurteilt wurden Bio-Konzepte, etwa das Programm des deutschen Naturland-Verbands.
Das Testergebnis:
Ein "sehr gutes" Urteil haben wir nur einmal vergeben, und zwar für die Biopolar Bio Garnelen. Die übrigen Produkte sind "gut" oder "befriedigend", einmal nur "ausreichend".
Erfreulich positiv fällt die Produktqualität aus: So fand das beauftragte Labor erhöhte Keimzahlen lediglich in einer Probe und gesundheitsschädliche Keime gar nicht. Auch Antibiotikarückstände wurden nicht nachgewiesen, ebenso wie zu hohe Gehalte des Verderbnisparameters Indol.
Hauptkritikpunkt ist jedoch die Produktionsweise der meisten Shrimps. So bewerten wir herkömmliche, auf den Verpackungen nicht näher beschriebene Aquakulturen mit Punktabzug unter den Weiteren Mängeln. Das gilt auch für das thailändische Programm Code of Conduct, das Anbieter Royal Greenland angibt, oder die Standards von Iglo. Sie konnten in der WWF-Untersuchung nicht überzeugen.
Eine "sehr gute" Alternative sind in dieser Hinsicht die drei Öko-Garnelen, die nach Naturland-Richtlinien produziert wurden. Das Programm zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Antibiotika und Chemikalien strikt verboten sind. Außerdem wird Fischmehl äußerst sparsam - und wenn, dann aus nachhaltigen Quellen - verfüttert. Mangroven dürfen nicht gerodet werden. Im Gegenteil. Liegt eine Farm auf ehemaligem Mangrovengelände, dann muss sogar aufgeforstet werden. (Quelle: Ökotest)
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